Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine reagiert die EU mit tiefgreifenden Sanktionen.

Und seit die ersten Sanktionen in Kraft getreten sind, kommen auch auf uns im Anwaltshaus die verschiedensten Fragen zu.
Sanktionen: Immer Ärger mit dem Luxus
Viele Unternehmen in Deutschland sind von den Sanktionen direkt betroffen und müssen reagieren. Manche schon deshalb, weil russische Investoren in ihr Unternehmen investiert haben und die Sanktionen die Weiterführung des Betriebs in Frage stellen können. Aber manche Sanktionen scheinen nichts mit dem eigenen Betrieb zu tun zu haben. Dennoch sind sie da, ohne dass dies offensichtlich ins Bewusstsein eindringt.

Rein fachlich werden die Sanktionen immer wieder durch Änderungen der VO (EU) 269/2014 oder VO (EU) 833/2014 durch Folge-Verordnungen und entsprechende Durchführungsverordnungen in direkt anwendbares EU-Recht umgesetzt. Die rechtliche Situation ist tatsächlich sehr unübersichtlich geworden und auch für den Fachmann inzwischen schwer zu überschauen.

 
Die Russlandsanktionen frieren zunächst Gelder ein und beinhalten direkte und indirekte Bereitstellungsverbote von wirtschaftlichen Ressourcen gegenüber natürlichen und juristischen Personen, die in Sanktionslisten genauer bezeichnet werden. Diese Maßnahme ist erprobt.

Allerdings kennen die wenigsten Firmen die Pflicht, eine nachhaltige Sanktionslistenprüfung im Unternehmen einzuführen. Es ist grundsätzlich verboten wirtschaftliche Ressourcen Personen bereitzustellen, die auf Sanktionslisten stehen. Das gilt insbesondere dann, wenn die sanktionierte Person Anteile am Geschäftspartner hat oder diesen steuert.

Sanktionslisten wurden nach den Terroranschlägen von 9/11 eingeführt und werden in den vergangenen Jahren bei fast jeder Krise erweitert. Tatsächlich ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass der Kunde auf der Liste zu finden ist, oder dass sogar eine gelistete Person im Unternehmen beschäftigt wird. Ausgeschlossen ist das aber nicht.

Sollte in einer Außenwirtschaftsprüfung festgestellt werden, dass dem doch so ist, dann sind die Konsequenzen für die Verantwortlichen katastrophal und der Ruf des Unternehmens ist auf lange Zeit ruiniert.

Natürlich gehört zu personenbezogenen Sanktionen auch die Verhängung von Einreiseverboten. Und bei Geschäftsbeziehungen mit Bezug zu den Gebieten Donezk und Luhansk ist besondere Sorgfalt geboten, denn hier bestehen güter- und dienstleistungsbezogene Sanktionen.

Die Kapitalmarktbeschränkungen sind tatsächlich inzwischen eher bekannt und verhindern neue Aufträge von russischen Unternehmen, da Auftragnehmer in der EU nicht bezahlt werden können.

Die Sanktionen im Bereich der Dual-Use Güter und Sanktionen, die Schlüsseltechnologien betreffen, waren ebenso erwartbar, wie die Sanktionen im Bereich des Energiesektors. Die Genehmigungspflicht führte dem Grunde nach schon zu einem Exportverbot. Nun wurde das Verbot für alle Verwendungszwecke und alle Empfänger normiert. Dual-Use Güter sind Waren, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können. Das Problem ist meistens daran zu erkennen, dass es sich überhaupt um eine Ware handeln könnte, die auch militärisch eingesetzt werden kann.

Eine der letzten Waren, für die ich eine Ausfuhrgenehmigung beantragt habe, war eine Bierabfüllanlage. Und zu meiner Zeit als Zollanwärter war die Ausfuhr bestimmter Keyboards streng untersagt, weil die einen Chip hatten, der auch zur Raketensteuerung verwendet werden konnte. Es ist also Fantasie gefragt und stets Vorsicht geboten, um „compliant“ im Außenwirtschaftsrecht zur sein.

 
Eher neu im Werkzeugkasten der Sanktionen sind die vollständigen Geschäftsverbote des Art. 5aa Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 mit Unternehmen, die in Anhang XIX aufgelistet sind, sowie zu deren zu über 50% unmittelbar oder mittelbar beherrschten Tochterunternehmen, soweit sie außerhalb der Union ansässig sind. Die UNITED SHIPBUILDING CORPORATION oder die UNITED AIRCRAFT CORPORATION hätte ich auf den ersten Blick nicht auf dem Schirm gehabt.

Bei diesem Verbot geht es nicht um die Bereitstellung von wirtschaftlichen Ressourcen. Es ist schlicht jede Geschäftsbeziehung verboten.

Also Achtung: Das „Know-Your-Customer Prinzip“ erlangt eine neue Bedeutung.

Zu vielen Fragen in der Praxis führt die neu in der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 aufgenommene Regelung des Art. 3h. Diese Sanktion spricht das „Luxusgüter-Verbot“ aus. Die Zielgruppe des Art. 3h sind in erster Linie wohlhabendere russische Bürger, aber auch juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland.

Als Luxusgüter gelten Waren, die mehr als 300 EUR pro Stück Wert sind und in Anhang XVIII aufgelistet sind. Die Liste ist sehr umfangreich. Vom Trüffel bis zur Unterwäsche ist alles zu finden. Also auch Waren, die auf den ersten Blick nicht unbedingt dem Sprachgebrauch nach unter „Luxusgütern“ verstanden werden.

Verboten ist nun, in Anhang XVIII aufgeführte Luxusgüter unmittelbar oder mittelbar an natürliche oder juristische Personen (Organisationen, Einrichtungen) in Russland oder zur Verwendung in Russland zu verkaufen, zu liefern, zu verbringen oder auszuführen.

Da der Begriff „Personen in Russland“ auf die Ansässigkeit zielt und auch eine mittelbares zur Verfügung stellen ausreicht, wird durch die Regelung auch ein Verkauf in der EU vom Verbot erfasst, wenn dieser an eine in Russland ansässigen Person erfolgt. Tatsächlich hat so auch der Händler in der Fußgängerzone ein Risiko, gegen die Russlandsanktionen zu verstoßen.

Angesichts der immer neuen Sanktionen muss sich jeder Betrieb mit dem Thema auseinandersetzen. Gerade die Sanktionslistenprüfung ist ein oft übersehender Bereich der Compliance. Generell sind die Themen Zoll und Außenwirtschaftsrecht, sowie das VuB-Management Themen, die aus dem CCM (Corporate Compliance Management) nicht mehr hinwegzudenken sind.


Wir unterstützen Sie gerne Schritt für Schritt zusammen mit Ihnen ein auf Ihr Unternehmen zugeschnittenes Compliance-Management aufzubauen.

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RA Herbert Bayer, Diplom-Finanzwirt (FH)

Resort HB20, Zoll und AWR